Mal davon abgesehen, das Bild die alte Sandale überhaupt zu Werbezwecken nutzt, ist das Ghandi-Zitat „Gewalt ist die Waffe des Schwachen“ mit dem die Bild-Zeitung zur Zeit alle Bushaltestellen und Litfaßsäulen zugekleistert hat an Dämlichkeit kaum zu übertreffen. Noch blöder ist nur noch: „Der Klügere gibt nach.“
Und dann? Idiocracy?
Eigentlich ist Ghandi, mal von einer anderen Seite betrachtet, das schlimmste was jeder folgenden Protestbewegung passieren konnte. Zumindest in der Form, wie er allgemeinhin verstanden wird. Dank ihm kann jeder Widerstand der nicht auf „Passivität“ fußt als illegitim abgetan werden. Ironischerweise gerne durch die, die das (staatliche) Gewaltmonopol in den Händen halten, aber friedlichen Protest predigen.
Seinen Protest in dieser Form durchzubringen klappt genau einmal. Danach hat auch der dümmste Politiker oder Polizeichef gelernt, wie man sich gewaltfreien Protest nutzbar macht. Einfach indem man Gewaltfreiheit (wie bei Ghandi) einfordert. Kommt es dann zu Ausschreitungen hat der Protest, und wenn er noch so gerechtfertigt ist, seine moralische Legitimation verloren. Ab diesem Punkt kann von Staatsseite voll durchgegriffen werden.
Bleibt es doch friedlich, kann Gewalt, wenn nötig, immer noch provoziert werden, nicht zuletzt durch Agent Provocateurs, und alles läuft wieder nach Drehbuch.
Apropos Passivität, wenn man sich die Wahlbeteiligung in Sachsen Anhalt mal anguckt: Das ist auch friedlicher Protest. Sozusagen in direkter Tradition zu Ghandi. Gewaltfrei und effektiv, bloß ohne ewig durch die Gegend latschen. Stattdessen die Sonne oder das Fernsehprogramm geniessen. Auf alle Fälle effektiv genug um sich von dem alten Zausel Thierse beschimpfen zu lassen. Am Ende ist ihm dieser Protest aber auch egal. Wer sich aus dem bunten Strauß kleinerer Übel, die regelmäßig zur Wahl stehen, kein Blümchen aussuchen mag, der darf auch nicht mitreden. So!
Schließlich funktioniert diese Demokratie am besten, wenn keiner wählt. Brauch man auch nix ändern, scheinen ja alle zufrieden zu sein. Wenn der Pöbel aber doch mal aufmuckt, dann laß ihn doch latschen. Jeden Montag die gleiche Route. Miesmacher gibts immer, das sitzt man aus.
Wenn es wider erwarten doch mal brenzlig werden sollte, hähä, gibts immer noch das…na?
Richtig! Gewaltmonopol.
Doch nochmal zurück zu Bild, und hier wird dieser kleine gesellschaftsphilosophische Exkurs richtig billig und reibt noch einmal altbekanntes unter die, vom drunterreiben, bereits hornhautgestählte Nase. Preaching to the converted at its best und sowieso kennt jeder bildblog. Trotzdem! Gerade in der Verbindung Ghandi und Bild stellt sich die Frage was überhaupt Gewalt ist, bzw welche Gewalt gemeint ist. Was ist also schlimmer? Das was die Bild jeden Tag verzapft oder wenn, als Reaktion darauf, eine Scheibe des Axel-Springer-Hauses zu Bruch geht? Beides gleich schlimm? Rufmord versus Pflasterstein, Hetze contra Versicherungsfall? Physische gegen psychische Gewalt? Die Gewalt aus dem Blätterwald? Beizeiten ist eben das Wort mächtiger als das Schwert. Wer das gesagt hat? Fuck you! Lalala.
Heute früh ist mir aufgefallen, daß manchmal Hunde in der U-Bahn die einzigen sind, die freundlich gucken. Außerdem wollte die Angestellte neben mir, mich nicht in ihrer B.Z. mitlesen lassen, nachdem sie spitzgekriegt hatte daß ich da reinluscher. Kann ich verstehen. Wär mir auch peinlich wenn andere Leute mitkriegen, daß ich den obligatorischen Knut-Artikel überblätter und gleich mit den Gewaltpornos im Mittelteil anfang.